Interview mit dem KEM-Manager Ing. Christian Hummelbrunner: E-Mobilität
„Auch Wasserstoff-Pkw sind eigentlich Elektro-Fahrzeuge“
Anlässlich der aktuellen Mobilitätswoche hat Sabine Watzlik mit dem KEM-Manager Christian Hummelbrunner über das Thema Elektromobilität gesprochen.
Warum ist der Mobilitätsbereich für den Klimaschutz so wichtig?
Hummelbrunner: In der Diskussion über den Klimawandel spielt der Verkehr eine große Rolle. Er ist derzeit für rund ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Die seit dem Jahr 1990 um rund 66 Prozent angewachsenen Emissionen des Verkehrssektors zeigen deutlich, dass Klimaschutz nur dann erfolgreich sein wird, wenn es auch im Mobilitätsbereich gelingt, die Dekarbonisierung umzusetzen.
Was kommt: Elektro-PKW oder Wasserstoff?
Hummelbrunner: Diese Frage wird bei Diskussionen oder auch am Biertisch manchmal sehr heftig geführt und dabei dominieren oft die Extrempositionen. Dabei ist diese Frage im Grunde nicht einmal korrekt – denn auch Wasserstoff-PKW sind Elektro-Fahrzeuge. Als Antrieb dienen in beiden Fällen ein oder mehrere Elektromotoren. Der Unterschied ist lediglich die Art und Weise, wie der Strom gespeichert wird. Im ersten Fall ist es eine Batterie mit – derzeit – Lithium-Ionen-Zellen, im zweiten Fall ist der Energiespeicher ein Wasserstoff-Tank. Hier wird der Wasserstoff mithilfe einer Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt. Ein wesentlicher Unterschied ist der Wirkungsgrad. Bei einer Batterie kann rund 85 Prozent des eingespeicherten Stroms wieder entnommen werden. Bei Wasserstoff ist dieser Wirkungsgrad viel niedriger und liegt bei etwa 40 Prozent. Aus Strom wird über ein Elektrolyse-Verfahren zuerst Wasserstoff erzeugt, der dann komprimiert und gespeichert wird. Dieser Wasserstoff wird über eine Brennstoffzelle wieder in Strom umgewandelt. In beiden Fällen entstehen Wärmeverluste.
Aber die Reichweite von E-Autos hält noch viele vom Kauf ab?
Hummelbrunner: In Gesprächen höre ich oft das Argument, dass E-Mobilität deshalb nicht funktioniert, weil die Reichweite der Fahrzeuge viel zu gering ist. Aktuelle E-Fahrzeuge erreichen eine Reichweite von über 300 km. Berücksichtigt man zusätzlich noch, dass die durchschnittliche gefahrene PKW-Strecke pro Tag bei 34 Kilometern liegt und 94 Prozent aller Autofahrten in Österreich kürzer als 50 km sind, dann ist diese Reichweite für den Normalfall mehr als ausreichend. Etwas ironisch gesagt: Im Schnitt helfe ich alle drei bis vier Jahre bei einer Übersiedelung mit. Trotzdem käme ich nicht auf die Idee, mir für diesen Fall einen 7,5 Tonnen-LKW zu kaufen.
Auch das lange das Laden von E-Autos ist oft als Gegenargument zu hören?
Hummelbrunner: Aktuelle E-Fahrzeuge haben eine Batteriekapazität von 40 bis 50 kWh.
Eine komplett leere Batterie braucht an einer Schnellladestation mit einer Ladeleistung von 50 kW rund eine Stunde zum Laden. In Entwicklung sind Ladestationen mit bis zu 350 kW. Die Ladedauer sinkt damit in den Bereich von zehn Minuten. Bei einer typischen Ladestation mit 11 kW, so wie man sie bei vielen Gemeinden findet, dauert es rund vier Stunden. Zuhause in der Garage mit 2,3 bzw. 3,7 kW dauert es zwanzig bzw. zwölf Stunden. Allerdings wird das Fahrzeug selten ganz leergefahren und kommt über Nacht ohnehin zum Nachladen an die Steckdose.
Gibt es in Österreich genug Strom für die E-Mobilität?
Hummelbrunner: Hier muss ganz klar zwischen Leistung (kW) und Energie (kWh) unterschieden werden. Wenn alle um 17 Uhr nach Hause kommen und ihr Fahrzeug schnellladen möchten, würde das Netz zusammenbrechen. So muss aber nicht geladen werden. In den allermeisten Fällen reicht es, wenn das Fahrzeug am nächsten Morgen wieder ausreichend geladen ist. Genauso wäre es möglich, das E-Fahrzeug auch tagsüber, etwa am Arbeitsplatz, ans Stromnetz anzuschließen. Im Schnitt wird ein PKW pro Tag eine Stunde gebraucht und steht 23 Stunden am Parkplatz. Die Ladung kann also zu Zeiten erfolgen, wo Stromüberschüsse, durch PV oder Wind, im Netz vorhanden sind. So gesehen kann E-Mobilität helfen, die Netze zu stabilisieren und die volatilen Erneuerbaren Energien besser ins Stromnetz zu integrieren. Diesbezügliche Feldversuche wurden bereits gestartet.